Das notwendige Wissen kann man sich aus teueren Fachbüchern holen, oder man entnimmt es den nachfolgenden Seiten, die ein Pferdewirt Schwerpunkt "Zucht und Haltung" nach über 100 Fohlengeburten aus der Sicht der Praxis geschrieben hat.
Der angehende Züchter wird sehr schnell erkennen, daß lange vor der Bedeckung schon der Grundstein für ein gesundes Fohlen gelegt wird.
Die Bedeckung
Vorbereitung der Stute
Oft wird der Vorbereitung der Stute auf Ihre neue Karriere als Zuchtstute zu wenig Beachtung geschenkt.
Denn es viele Möglichkeiten, die Chancen daß die Stute auch tragend wird, noch vor der Decksaison zu verbessern.
Zunächst wird man im November eine Untersuchung auf Zuchttauglichkeit veranlassen. Dabei wird der Tierarzt durch eine rektale Untersuchung (durch den Mastdarm) Eierstöcke und Gebärmutter untersuchen. Außerdem wird er mittels einer vaginalen Untersuchung eine Tupferprobe vom Muttermund nehmen, die in einem Untersuchungsinstitut auf krankmachende Keime untersucht wird.
Dabei ist wichtig zu wissen, daß auch Stuten die noch nie gedeckt wurden, solche Keime in der Gebärmutter haben können.
Die Fütterung sollte man auch wichtig nehmen, denn zum einen nehmen fette Stuten in der Regel schlechter auf und zum anderen fördert eine ausreichende Versorgung mit ß-Carotin Rosse und Follikelbildung erheblich. Im Herbst vor der Bedeckung kann man die Gabe von Kraftfutter einschränken, um die Stute abzuspecken. Im Frühjahr wird sich nach leichter Erhöhung der Kraftfutter-Ration eine deutlichere Rosse zeigen.
Auswahl des Deckhengstes
Durch die modernen Möglichkeiten wie Samen- oder Embryotransfer hat sich auch die Auswahl der Deckhengste durch den Stutenbesitzer stark gewandelt.
Es wird oft gar nicht mehr überlegt, ob der Hengst zur Stute paßt, sondern der Name des Hengstes und damit zusammenhängend die vermeintlichen Vermarktungschancen des Fohlens geben den Ausschlag.
Der Hengst wird aus Hochglanzprospekten ausgesucht, die natürlich nur die Schokoladenseiten präsentieren.
Der angehende Züchter sollte sich aber ausführlich beraten lassen, welcher Hengst die Punkte besser vererbt, die an seiner Stute vielleicht nicht optimal sind. Der eigene Tierarzt wird diese Punkte sicher aufzeigen können. Wenn möglich sollten die Hengste, die man in die engere Wahl gezogen hat, persönlich und mit einer fachkundigen Begleitung gemustert werden.
Je mehr Fohlen man sich jeweils von einem Hengst angesehen hat, desto besser wird man ihn beurteilen können.
Eine Auswahl nur nach Prospekt (Werbung) ist eindeutig abzulehnen. Auch ein DLG-Siegerhengst oder ein Super-Springer muß nicht unbedingt zu Ihrer Stute passen.
Andererseits kann es auch nicht sinnvoll sein, nur um ein paar hundert Euro an Deckgeld zu sparen, den nächstbesten Hengst auszuwählen. Unter Umständen lohnt sich auch eine längere Fahrt zur Deckstation, wenn diese gute Hengste und einen guten Service bietet.
Die Fohlengeburt
Vorwort
Die für die Pferdezüchter aufregendste Jahreszeit ist noch immer Die Abfohlsaison Es gibt immer noch viele Züchter, die noch nie bei der Geburt eines Fohlens dabei waren. Das liegt wohl vor allem daran, daß die Stuten die Geburt hinauszögern können, wenn sie sich gestört fühlen.
Wenn der aufgeregte Besitzer dann nach einer langen Nachtwache nur schnell eine Tasse Kaffee trinken geht, versäumt er oftmals die Geburt!
Meistens geht alles glatt und zuviel "Hilfe" bei der Geburt ist eher schädlich als nützlich; dennoch ist es wichtig, daß man die Anzeichen der nahenden Geburt erkennt.
Das ist nicht einfach, da es leider keine 100% sicheren Anzeichen gibt. Harztropfen am Euter, eingefallene Beckenbänder etc.; das alles sind nur Anhaltspunkte, die man wahrnehmen kann. Einige Stuten fohlen jedoch, ohne daß sie solche Anzeichen gezeigt hätten.
Wenn man seine Stute nun nicht über viele Jahre hinweg kennt, dann kann man sich also nicht auf Harztropfen und dergleichen verlassen.
Das gleiche gilt meines Erachtens nach für Geburtenmelder, die auf der Basis eines Feuchtigkeits- und Wärmesensors funktionieren, wie zum Beispiel der "Wächtomat" der Fa. KEGEL.
Aus eigener Erfahrung und auch durch Erfahrungen anderer Züchter weiß ich, daß diese Geräte nur eingeschränkt sicher sind. Zum einen wird ein warmer Winter die Stuten auch ohne eine bevorstehende Geburt schwitzen lassen und dadurch Alarm auslösen und zum anderen gibt es Stuten, die vor und während der Geburt nicht schwitzen!
Geburtenmelder, die das Austreten der Fruchtblase aus der Scham erkennen und dann Alarm auslösen, wurden eine Zeitlang in Norddeutschland hergestellt und vertrieben. Ich selbst habe sie seinerzeit auf einem sehr großen und renommierten Warmblutgestüt in Schleswig-Holstein verwendet und wir waren damit äußerst zufrieden!
Fehlalarme gab es sehr selten und nur dann, wenn die Gurte nicht völlig korrekt angelegt wurden. Das Anlegen mit Halsgurt, Bauchgurt sowie einem Schweifriemen und 2 weiteren Bändern zum Anpassen an die jeweilige Stute waren zusammen mit dem hohen Preis von 2.000,- DM der einzige Nachteil dieses Systems, der jedoch durch die große Sicherheit mehr als aufgewogen wurde.
Leider werden diese Geburtenmelder nicht mehr hergestellt. Bleibt also doch nur die "Nachtwache" als Alternative, es sei denn man leistet sich wie manche großen Vollblutgestüte einen Nachtwächter, der auf die hochtragenden Stuten die ganze Nacht hindurch aufpaßt.
Die Geburt
Nun einmal angenommen, Sie als Züchter erkennen die beginnende Geburt, die Stute beginnt zu schwitzen, geht einige Male in der Box herum und legt sich schließlich hin. Nun gilt es zunächst einmal, Ruhe zu bewahren, denn Ihre Nervosität würde sich auf das Pferd sofort übertragen.
Jetzt wird erst einmal überprüft, ob alles notwendige zur Hand ist. Zweckmäßigerweise sollte man lange vor dem Geburtstermin einen Servierwagen oder ähnliches mit folgenden Dingen bereitstellen:
- Eimer (einen zum Hände waschen, einen zum späteren Reinigen des Euters)
- mildes Desinfektionsmittel bzw. Seife und Bürste
- 2 Geburtsketten (optimal!) oder Geburtsstricke
- Jod-Alkohol Lösung (Nabeldesinfektion) + Eierbecher
- "Practo-clyss" Einläufe (Apotheke oder vom Tierarzt)
- "Respirot" Tropfen (aktiviert die Atmung!)
- Schere und Bindfaden, um - wenn nötig - den Nabelstumpf abbinden zu können
- Ballenkordel, um die Nachgeburt hochzubinden
- saubere Tücher
Wenn die Stute sich dann endgültig niedergelegt hat und die Wehen sich verstärken, sollte eine der Stute vertraute Person die Box betreten und zunächst nur beobachten. Als erstes tritt eine Blase mit dem Fohlenurin aus der Scheide. Diese hat die wichtige Aufgabe die Geburtswege zu weiten und sollte auf gar keinen Fall geöffnet werden. Erst wenn ein bzw. beide Vorderbeine zu sehen sind, kann man die Eihaut öffnen und durch leichten Zug in Richtung der Hinterbeine, d.h. nach hinten/unten, den Geburtsvorgang unterstützen.
Dabei ist unbedingt darauf zu achten, daß man nur jeweils mit den Wehen leicht zieht. Ein zu grobes Vorgehen hat oft Schädigungen der Geburtswege und der Scham zur Folge.
Auf den Vorderbeinen liegend kommt nun der Kopf des Fohlens zum Vorschein. Sollte das nicht der Fall sein - kommt in seltenen Fällen vor -, dann liegt das Fohlen im Mutterleib nicht richtig.
Man muß dann sofort die Geburt unterbrechen, indem man die Stute zum Aufstehen zwingt. Durch Umherführen verhindert man, daß die Stute sich hinlegt und weiter preßt. Die weiteren Maßnahmen wird dann der sofort herbeigerufene Tierarzt anordnen.
Zurück zur normal ablaufenden Geburt: Nach den Vorderbeinen und dem Kopf des Fohlens, wird nun die Schulter aus der Scheide gepreßt. Anschließend gleitet meistens das Fohlen gänzlich heraus. Nun befreit man das Fohlen ganz von der Eihaut, streift mit einer sauberen Hand den Schleim aus den Nüstern und bereitet dann den Einlauf vor. Dieser wird in einem Eimer mit heißem Wasser erwärmt. Beim Aufstehen der Stute reißt die Nabelschnur in der Regel an der von der Natur vorgesehenen Stelle ab und man kann den Nabelstumpf mit der Jod-Alkohol-Lösung desinfizieren.
Mit einem Büschel Heu in jeder Hand reibt man das Fohlen etwas ab; das regt vor allem den Kreislauf an! Eine gute Mutterstute wird ihr Fohlen jetzt ablecken.
Nach dem Verabreichen des Einlaufes sollte das Darmpech innerhalb von 5 bis 10 Minuten abgehen, sonst wendet man ein weiteres Klistier an.
Gleich nach dem Aufstehen der Stute bindet man mit der bereitgelegten Schnur die Eihaut bzw. Nabelschnur hoch, damit die Stute nicht darauf treten kann.
Mit warmem Wasser und einem milden Desinfektionsmittel säubert man noch das Euter der Stute, streut falls nötig einen Ballen Stroh in die Abfohlbox und beobachtet von draußen die Stute und ihr Fohlen.
Die Nachgeburt sollte spätestens nach einer Stunde abgegangen sein, andernfalls ist der Tierarzt zu rufen. Auf der Stallgasse breitet man die Nachgeburt auseinander und kontrolliert sie genau auf Vollständigkeit. Auch kleine Stücke, die in der Gebärmutter zurückbleiben, verursachen eine Entzündung, die unter Umständen zur Unfruchtbarkeit führen kann.
In der Zwischenzeit wird das Fohlen die ersten Versuche machen aufzustehen. Auch wenn es dabei oft turbulent zugeht, der Mensch braucht in der Regel nicht helfend einzugreifen. Viele Fohlen stehen bereits nach kurzer Zeit, andere benötigen bis zu einer Stunde.
Steht es dann, zunächst noch sehr wacklig, wird es bald nach dem Euter der Stute suchen. Nur wenn die Stute sehr unruhig ist und ihr Fohlen nicht saugen lassen will, sollten sie eingreifen und die Stute am Halfter haltend beruhigen. Besser ist es, beide nur zu beobachten. Hengstfohlen brauchen oft viel länger um die Milchquelle zu finden, als Stutfohlen.
Nach einer Stunde vergeblicher Sucherei wird der Suchreflex nachlassen, da das Fohlen ermüdet. Gut wäre es, wenn eine erfahrene Person das Fohlen behutsam hinlegen könnte und es mit sanfter Gewalt am Aufstehen hinderte. Hält man den Kopf unten und streichelt das Fohlen, dann schläft es ein. Nach etwa 10 bis 15 Minuten steht es dann von selbst wieder auf. Sanft wird man es nun neben die Stute schieben. Man braucht mitunter viel Geduld, aber bislang hat bei uns noch jedes Fohlen das Euter letztendlich gefunden.
Diese erste Milch, auch Biestmilch genannt, ist für das Fohlen sehr wichtig, da sie Abwehrstoffe enthält. Diese können nur in den ersten Lebensstunden über den Darm in den Körper aufgenommen werden und sollen das Fohlen gegen im Stall stets vorhandene Keime schützen.
War der Tierarzt bei der Geburt anwesend, dann wird er das Fohlen bereits mit Fohlenlähmeserum geimpft und eventuell auch ein Depotpenicillin gespritzt haben. Ansonsten sollte das spätestens am nächsten Morgen geschehen.
Hinweis: Beides sollte nicht am Hals gespritzt werden! Falls nämlich in seltenen Fällen eine Abwehrreaktion auftritt (entweder durch nicht sterile Spritzen bzw. eine Penicillin-Allergie), hätte das Fohlen beim Suchen des Euters sehr große Schwierigkeiten.
Die Aufzucht
Am nächsten Tag sollte die Stute mit ihrem Fohlen für wenige Minuten auf eine kleine Koppel bzw. Auslauf gebracht werden. Unruhige Stuten führt man besser herum, eine erfahrene Mutterstute wird man jedoch laufen lassen können.
Bewegung und Umgang mit Menschen ist für Fohlen vom ersten Tag an sehr wichtig. Nur bei starkem Regen oder Schneesturm läßt man die Mutterstuten im Stall. Die Dauer des Aufenthalts im Freien wird dann täglich gesteigert.
In den ersten Lebenstagen wird man beobachten können, wie das Fohlen den frischen Kot der Stute frißt. Darin sind Mikroorganismen enthalten, die im Darm für die Aufschlüsselung der Zellulose wichtig sind und dem Fohlen noch fehlen. Mit dem frischen Kot werden keine Würmer übertragen, da die Wurmlarven in der Regel ca. 1 Woche außerhalb des Pferdes sein müssen, um wieder ansteckungsfähig zu sein.
Das Fohlen muß nun langsam Vertrauen bekommen. Das kann man nicht dadurch erzwingen, indem man das Fohlen ständig umsorgt und streichelt. Oft ist es besser, die Stute zu putzen und dabei viel zu reden. So wird sich das Fohlen an den Menschen und seine Stimme gewöhnen. Da die Fohlen ausgesprochen neugierig sind, wird es sicher von alleine näherkommen und Sie vorsichtig beschnuppern. Bei einer schnellen Bewegung oder einem lauten Wort springt es schnell wieder weg.
Nach ca. einer Woche sollte man dem Fohlen dann, zunächst immer nur für kurze Zeit, ein Halfter auflegen. Lassen Sie Sich bei allen Tätigkeiten Zeit und bleiben sie geduldig. Stuten und Fohlen bitte abends die Halfter unbedingt abnehmen. Andernfalls könnte das Fohlen sich mit den Beinen im eigenen oder dem Halfter der Stute verfangen und sich verletzen.
Der nächste Schritt der Fohlen-Erziehung ist das Aufheben der Hufe, das ab der 2ten Lebenswoche geübt werden kann, wenn eine Vertrauensbasis hergestellt wurde.
Dabei wird das Fohlen von einer ihm vertrauten Person festgehalten und beruhigt, während eine zweite Person versucht, die Hufe aufzuheben. Nach jedem gelungenen Versuch lobt man das Fohlen, wobei Leckerli nicht nötig sind!
Am 9ten Tag nach der Geburt sollte man die Stute und das Fohlen entwurmen.
Der Durchfall, den das Fohlen in diesen Tagen bekommt, ist oft auf Würmer zurückzuführen. Über die Muttermilch wird das Fohlen bereits in den ersten Tagen infiziert. Der Fohlen-Durchfall kann aber auch durch eine Veränderung der Stutenmilch während der Fohlenrosse verursacht werden.
Um Schädigungen der Haut zu vermeiden, sollte man das Fohlen bei Durchfall mit einer milden Desinfektionslösung (Seife!) abwaschen und nach dem Trocknen mit Einweg-Tüchern, mit Vaseline oder Melkfett einreiben. Dauert der Durchfall länger als einen Tag oder zeigt sich das Fohlen geschwächt, so ist der Tierarzt zu holen. Darminfektionen, die unter Umständen durch Viren hervorgerufen werden, können bei Nichtbehandlung sogar tödlich enden!
Weitere Wurmkuren sollten mit dem Fohlen im Abstand von zunächst 14 Tagen durchgeführt werden. Nach dem 3ten Mal kann der Abstand auf 4 Wochen verlängert werden. Dabei sollte jedesmal der Wirkstoff gewechselt werden, da die Würmer sonst unter Umständen resistent werden können. Mindestens einmal jährlich sollte man eine Kotuntersuchung auf Würmer gemacht werden. Entweder läßt man die Untersuchung vom Tierarzt machen oder man schickt eine Kotprobe (in Plastiktüte verpackt und möglichst nicht im Hochsommer!) an das zuständige Landesuntersuchungsamt. Dort wird die Probe kostenlos untersucht. Bei einem negativen Ergebnis muß unbedingt eine weitere Kotprobe untersucht werden.
Bereits in den ersten Lebenswochen ist auf die Hufe und die Hufstellung zu achten. In der Regel wird 3 Monate nach der Geburt der Hufschmied das Fohlen begutachten und wenn nötig ausschneiden bzw. die Hufstellung korrigieren. Das ist sehr wichtig, da sich eine Fehlstellung der Hufe auf die Gelenke auswirkt. Eine Korrektur muß daher so früh wie möglich einsetzen.
Im oder nach dem 4ten Lebensmonat ist die erste Tetanus-Impfung fällig. Die Grund-Immunisierung besteht aus 2 Spritzen im Abstand von 4-8 Wochen und der 3ten Spritze nach weiteren 12 Monaten. Alle 2 Jahre muß eine Auffrischungsimpfung erfolgen.
Eine Impfung gegen Pferde-Influenza mit "RESEQUIN-PLUS" oder "PREVACUN" ist ebenfalls sehr zu empfehlen. Ihr Tierarzt wird sie sicher gerne über einen Impfplan informieren.